Maladaptive Beziehungsmuster im therapeutischen Prozess

Autor/innen

  • Jörg Merten
  • Cord Benecke

Abstract

Psychische Störungen können im Wesentlichen als Beziehungsstörungen betrachtet werden und zeichnen sich durch eine hohes Maß an Persistenz aus. Die Mechanismen der Aufrechterhaltung maladaptiver Beziehungsmuster in Alltagssituationen werden unter besonderer Berücksichtigung der Affekte und des mimisch-affektiven Interaktionsverhaltens untersucht. Diese gewöhnlich unbewussten affektiven Interaktionsstrategien von Patienten ziehen die jeweiligen Interaktionspartner in das Patientenmuster hinein, was zu einer Wiederholung und Stabilisierung der Muster führt. In einer ganzen Reihe von Studien, deren Ergebnisse hier zusammengefasst werden, konnte die Wirkung von unbewussten nonverbalen Kommunikationsprozessen demonstriert werden.

Im zweiten Teil dieser Arbeit gehen wir auf die affektive Kommunikation in Psychotherapien ein. Unsere Untersuchungen unterstreichen den Unterschied zwischen einer guten Alltagsbeziehung und einer hilfreichen therapeutischen Beziehung. Erfolgreiche Behandlungen zeichneten sich durch eine Form von Abstinenz im affektiven Beziehungsverhalten der Therapeuten aus, während Therapeuten in wenig erfolgreichen Behandlungsverläufen sich in affektive Muster verstricken lassen und sich aus diesen auch im Verlauf nicht zu lösen vermögen. Solche affektiven „Verstrickungs-Muster“ lassen sich auf der Mikroebene des dyadischen affektiven Beziehungsverhaltens zwischen Patient und Therapeut erfassen.

Zusammengenommen demonstrieren die vorgestellten Ergebnisse, dass die Implementierung maladaptiver Beziehungsmuster als ein unwillkürlich ablaufender, nonverbaler, dyadischer Prozess aufgefasst werden kann und dass- erfolgreiches therapeutisches Beziehungshandeln eben in diesen dyadischen Prozess eingreifen muss, soll es zu nachhaltigen Veränderungen kommen.

Schlüsselwörter:
Psychotherapie, therapeutischer Prozess, therapeutische Beziehung, Emotion, Mimik, therapeutischer Erfolg, nonverbales Verhalten.

Autor/innen-Biografien

Jörg Merten

PD Dr. phil. Jörg Merten. Nach dem Abschluss des Studiums derPsychologie am 31. 3. 1988 mit einer Diplomarbeit zum Thema „Kinetisches Verhalten von Schizophrenen und ihren Gesprächspartnern“ arbeitet PD Dr. phil. Jörg Merten als wissenschaftlicher Mitarbeiter bzw. wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl Prof. Dr. R. Krause an der Universität des Saarlandes. Den Schwerpunkt der Forschungsarbeiten stellt die Analyse des verbalen, paraverbalen und nonverbalen emotionalen Verhaltens von Patienten mit unterschiedlichen Störungsbildern in Alltagssituationen und Psychotherapien dar. Der Forschungsschwerpunkt schlägt sich auch in der Mitarbeit an mehreren Forschungsprojekten zum interaktiven Verhalten nieder (DFG-Projekte „Interaktives Verhalten von Schizophrenen “, „Ausdruck und Erleben von Patienten mit psychosomatischen Beschwerden “, „Multikanale Psychotherapie-Prozess-Forschung “). Jörg Merten promovierte am 17. 2. 1995 mit summa cum laude zum Thema „Affekte und die Regulation nonverbalen, interaktiven Verhaltens “. Am 17. 7. 1977 wurde ihm der Dr. Eduard Martin-Preis für hervorragende wissenschaftliche Leistungen im Rahmen der Promotion verliehen. Er ist Mitglied der International Society for Research on Emotion ISRE und habilitierte am 5. 7. 2000 zum Thema „Beziehungsregulation in Psychotherapien“.

Korrespondenz: Dr. phil. Jörg Merten, Lehrstuhl Klinische Psychologie, Fachrichtung Psychologie, Universität des Saarlandes, Im Stadtwald, D-66123 Saarbrücken

Cord Benecke

Dipl.-Psych. Cord Benecke ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Klinische Psychologie der Universität des Saarlandes und leitet zur Zeit ein DFG-Projekt zum Thema Beziehungsregulation in Psychotherapien mit Angstpatientinnen.

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Veröffentlicht

01.01.2001

Zitationsvorschlag

Merten, J., & Benecke, C. (2001). Maladaptive Beziehungsmuster im therapeutischen Prozess. Psychotherapie-Wissenschaft, 9(1), 30–39. Abgerufen von https://psychotherapie-wissenschaft.info/article/view/507