Bemerkungen zum psychoanalytischen Krankheitsbegriff und zur Beurteilungsmöglichkeit psychogener Störungen

Autor/innen

  • August Ruhs

Abstract

Nicht zuletzt durch die Einführung des Psychotherapiegesetzes sieht sich auch die Psychoanalyse, Stammdisziplin aller auf Einsichtsvermittlung beruhenden emanzipatorischen Psychotherapien, einem Rechtfertigungsdruck und einer verstärkten Kontrolle ausgesetzt. Dabei sind vor allem die die Behandlungskosten mittragenden Krankenversicherungsträger an Krankheitswertigkeit und Behandlungsbedürftigkeit interessiert, was zu umstrittenen Chefarztkontrollen an Patienten während des Behandlungsverlaufs geführt hat. Dies gibt Anlaß zu einer Reflexion des psychoanalytischen Krankheitsverständnisses, welches, hauptsächlich an subjektiven Leidenskategorien orientiert, einer Objektivierung und damit einer Fremdbeurteilung nur bedingt unterzogen werden kann. Darüber hinaus ist eine Erfassung des den Symptomen zugrundeliegenden eigentlichen Krankheitsgeschehens oft erst am Ende einer psychoanalytischen Behandlung möglich. Daher sollten Begutachtungsverfahren, sofern sie überhaupt zu rechtfertigen sind, nur nach ausführlicher Diskussion und Konsensbildung unter allen Beteiligten eingesetzt werden.

Schlüsselwörter:
Psychoanalyse, Psychopathologie, Diagnostik, Krankheitswertigkeit, Behandlungsfähigkeit, Begutachtung.

 

Autor/innen-Biografie

August Ruhs

August Ruhs, Jg. 1946, Dr. med., Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, Assistenzprofessor an der Wiener Universitätsklinik für Tiefenpsychologie und Psychotherapie, Lehranalytiker im Wiener Arbeitskreis für Psychoanalyse, Mitherausgeber der Zeitschrift „texte. psychoanalyse. ästhetik. kulturkritik“, Mitbegründer der „Neuen Wiener Gruppe/Lacan-Schule“.

Korrespondenz: Dr. August Ruhs, Universitätsklinik für Tiefenpsychologie und Psychotherapie, Währinger Gürtel 18-20, A-1090 Wien

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Veröffentlicht

01.01.1997

Zitationsvorschlag

Ruhs, A. (1997). Bemerkungen zum psychoanalytischen Krankheitsbegriff und zur Beurteilungsmöglichkeit psychogener Störungen. Psychotherapie-Wissenschaft, 5(1), 21–27. Abgerufen von https://psychotherapie-wissenschaft.info/article/view/624